Geschichte

Ein Gartenareal wie viele andere. Und doch etwas Besonderes für jene, die es hegen und pflegen, so wie eben jeder Gärtner eine besondere Beziehung zum Boden hat, den er mit seinen eigenen Händen bearbeitet. Doch schon 1948 ist in einem Zusatz zur Gartenordnung der Blumenwiese zu lesen: „Der Garten soll jedem eine Erholungsstätte sein …Damit das Blumenwiese-Areal auch seinem Namen gerecht wird, sorgen sicher seine Pflanzer.“ Das haben sie seither auch versucht, so dass sich das Auge auch im Jubiläumssommer 2007 an der bunten Blumenpracht kaum satt sehen kann und die verträumten Ecken und Gartenhäuschen verraten, dass die Parzellen für ihre Pächter nicht nur eine willkommene Quelle zur Selbstversorgung mit Gemüse und Früchten sind, sondern auch ein kleines Paradies der Erholung bedeuten. Wer es heute geniessen kann, denkt wahrscheinlich nur selten an die Anfänge des Gartenareals zurück, das nur dank grossem Einsatz aller Beteiligten und einer tatkräftig gelebten Solidarität unter den Mitgliedern mit viel Freiwilligenarbeit realisiert werden konnte.


Sechs Idealisten waren es, die sich im Spätherbst 1946 mit der festen Absicht trafen, in der „Blumenwies“ - einer land-wirtschaftlichen Liegenschaft, die in den Besitz der Stadt St.Gallen übergegangen war - ein neues Gartenareal zu schaffen. Nach der Gründungsversammlung am 3.Februar 1947 nahmen die auf Anhieb 33 Vereinsmitglieder, zu denen als fachkundiger Experte auch der Obergärtner der Stadt gehörte, die Aufgabe in Angriff, das Wiesland für das Säen und Pflanzen herzurichten. Eine kluge Wegeinteilung, die sich bei der sukzessiven Vergrösserung des Areals während vieler Jahre bewährte, die Einfassung der Parzellen entlang der Hauptwege mit Brettern (imprägniert mit dem damals noch nicht in Verruf geratenen Karbolineum), die Erstellung von Anschlagkästen und eines WC sowie die notdürftige Einrichtung eines Materialmagazins in einer benachbarten Scheune waren die ersten gemeinsamen Frondienste. Wer dem Aufgebot nicht folgte, hatte als Ersatz Fr. 5.- zu bezahlen. 1950 zählte der Verein bereits 72 Mitglieder. Die Ein-trittsgebühr betrug Fr. 2.-, der Jahresbeitrag für 1 Are Fr. 2.50, für 2 Aren Fr. 4.- und für (ausnahmsweise) 3 Aren Fr. 5.50. Die unentschuldigte Absenz an der bis zum erfüllten 60.Altersjahr obligatorischen Hauptversammlung wurde mit Fr. 2.- gebüsst. Finanziell war der Verein aber nicht auf Rosen gebettet, so dass er 1950 beschloss, dass jedes Mitglied einen nicht verzinslichen Anteilschein von Fr. 10.- zu zeichnen habe (zahlbar in 2 Raten), dessen Rückzahlung erst beim Austritt aus dem Verein erfolgte. Aus iuristischen Gründen wurde diese Praxis drei Jahre später in ein Haftgeld um-gewandelt, das zur Sicherstellung der finanziellen Verpflichtungen der Mitglieder diente. 1950 konnte zudem der bisher kurzfristige Pachtvertrag mit der Stadt für 10 Jahre abgeschlossen werden. (St.Gallen zählte in diesem Jahr bereits neun Dauerpachtareale). Nachdem das Areal immer weiter ausgebaut wurde, die Gerätschaften für eine obligatorische Winterspitzung angeschafft, ein später mit einem Planschbecken samt Brause ergänzter Kinderspielplatz eingerichtet und ein neues Materialmagazin gebaut worden waren, über-nahm 1957 die Stadt die Kosten für die Umzäunung des ganzen Areals mit Drahtgeflecht und den Einbau von Zugangstoren mit Schlössern. Dies war umso erfreulicher, als die Liegenschaftenverwaltung bei den Budgetdebatten im Gemeinderat um die Kredite zugunsten der Familiengärten öfters hart kämpfen musste.

Über den Gärten der Blumenwiese lachte aber nicht immer nur die Sonne. In den 70er-Jahren mussten 10 Pächter ihren Garten wegen eines teilweise auf dem Gartenareal gebauten Hallenbades ganz oder teilweise aufgeben. Kurz darauf wurden weiteren Pächtern die Verträge gekündigt, da 17 Parzellen dem Lärmschutzwall der neuen Autobahn weichen und 15 Parzellen reduziert werden mussten. Nachdem anfänglich sogar über eine Umsiedlung des ganzen Gartenareals ins Gebiet Riedernholz diskutiert worden war, wozu 101 von den insgesamt 149 Pächtern bereit gewesen wären, konnte für die meisten Betroffenen schlussendlich doch noch eine Lösung im bestehenden Areal gefunden werden. Die Gefahr einer Verbannung aus der Blumenwiese war vorerst einmal beseitigt; der Verein machte sich mit neuem Elan an zahlreiche neue Bauarbeiten. Der während zehn Jahren bei den Bewohnern des ganzen Quartiers beliebte 1.August-Funken fiel der Autobahn allerdings endgültig zum Opfer.
1977 erfuhr der Verein eine besondere Ehrung. Als Dank für die den italienischen Mitgliedern, zumeist Gastarbeiterfamilien, in all den Jahren erwiesene Gleichberechtigung und Toleranz überreichte der italienische Konsul Dr. S.Favazza an einem Jubiläumsanlass dem Vereinspräsidenten im Namen des italienischen Staates einen gediegenen Teller mit Dankesschreiben.


Nach dem Anschluss des Areals an das städtische Kanalisationsnetz und dem Umbau des Stübli zu einem heimeligen Treffpunkt stand über dem Jubiläumsjahr 1997 kein guter Stern. Wegen ungerechtfertigter Angriffe einiger Mitglieder und dem immer offenkundigeren Mangel an Solidarität inner-halb des Vereins trat der Vorstand in globo zurück. Auch die Vorbereitungen einer Feier zum 50jährigen Jubiläum scheiterten am fehlenden Interesse und Engagement der Mitglieder. Der neu gewählte Vorstand setzte dann aber alles in Bewegung, um das Jubiläum im Sommer mit einem erfolgreichen Gartenfest doch noch feiern zu können. Seither hat der neue Präsident Eugen Habegger während 10 Jahren zusammen mit dem Vorstand versucht, die Gartenfreunde immer wieder an ihre Pflichten zu erinnern, zur Teilnahme an den alljährlichen Anlässen zu motivieren (Gartenfest, Blumentag, Kegelabend, „Spatz-Plausch“ aus der Kochkiste des Infanterievereins), Streitigkeiten zu schlichten und das Areal im bestmöglichen Zustand zu präsentieren. An seiner letzten Hauptversammlung wurde er als Dank für seinen unermüdlichen Einsatz zum Ehrenmitglied ernannt. Am Jubiläumsfest vom 23./24.Juni 2007 dankte ihm als Vertreterin der Dachorganisationen auch Hilda Rohner und übergab ihm mit einem Glas Honig eine verdiente Stärkung für den gartenfreien Ruhestand. In ihrer Rede erinnerte sie daran, dass die Familiengärten auch heute noch nicht nur eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung, sondern auch ein wirksamer Beitrag zur Förderung der Gesundheit sind. Und wenn sich dabei Herz und Gemüt am geernteten Gemüse, an saftigen Früchten und bunten Blumen erfreuen können, ist dies für die Gesundheit ein doppelter Gewinn. Dies soll nicht nur für die Blumenwiese, sondern für alle Gartenfreunde auch in Zukunft gelten.